Plav, Podgorica, Dubrovnik, Neum, Split, Zadar, Pag und Povljana. Das sind die Stationen einer zirka 800 Kilometer langen und 27 Stunden dauernden Reise durch Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Kroatien.
Es war am Mittwochmorgen, der 10.August, als ich mich um 8.30 Uhr in Plav in einen kleinen Bus setzte und hoffte relativ problemlos am nächsten Tag in Kroatien ein paar Freunde zu treffen, die ihren Sommerurlaub an der Adria verbringen. Der erste Abschnitt dieser Reise führte mich nach Podgorica, der Hauptstadt Montenegros. Dort angekommen, traf ich Filip. Er ist ein Bekannter eines Kumpels und wir verabredeten uns über Instagram auf einen Kaffee. Filip möchte mit ein paar Freunden einen Fußballverein gründen. Ein spannendes Projekt über welches wir lange sprachen. Dabei war er an meinen Erfahrungen, die ich als Vereinschef und Trainer von Fortuna Griesheim sammelte, sehr interessiert.
Notgedrungen musste mir Filip noch bei einem anderen Problem helfen. Am Bankautomat im Busbahnhof scheiterte ich beim Versuch, Geld abzuheben, da der Automat meine Kreditkarte einbehielt. Während ich diese Zeilen formuliere, kann ich wieder schmunzeln, doch in jenem Moment hatte ich für diesen Automaten weder ein Lächeln noch gute Worte übrig. Es folgte ein Besuch bei dieser montenegrinischen Bank und ein Warteschlangen-Anruf bei meiner Bank in Deutschland. Mittlerweile sind ja ein paar Tage vergangen und erst am Freitagmorgen (12. August) konnte ich nach etwa zwei Stunden des Telefonierens mit zig verschiedenen Personen aus diversen Abteilungen das Problem klären. Nun bin ich optimistisch, dass mir eine neue Kreditkarte innerhalb der nächsten 14 Tage an eine europäische Poststation, in deren Nähe ich mich dann aufhalte, geschickt wird. Ich lass es euch wissen, sobald dies erfolgreich war 😉
Zurück zur Busreise. Die führte mich von Podgorica nach Dubrovnik in Kroatien, entlang der idyllisch gelegenen und sehr touristischen Ortschaften an der Bucht von Kotor. Weniger schön war der Anblick mehrerer Rauchsäulen, die von den Bergen aufstiegen, als würden sich Indianerstämme Rauchzeichen geben. Vegetationsbrände sind in Montenegro und den benachbarten Adria-Ländern in den heißen und trockenen Sommermonaten häufig. Doch wie ich mittlerweile nachlesen konnte, nahm die Polizei einen 19-Jährigen fest, der mutwillig diese zehn Waldbrände legte. Jedes Mal frage ich mich: warum gibt es solche Idioten? Entschuldigt diese Wortwahl aber ein anderer Begriff zu solchen Personen fällt mir gerade nicht ein. Und wenn wir einmal bei jenen Menschen sind, die sich um unsere Natur, Umwelt und Erde scheinbar wenig oder gar nicht scheren, möchte ich noch ein wahrgenommenes Umweltproblem erwähnen. Es geht um Müll, viel Müll. Ob Plastik, Papier oder Restabfall – man findet ihn nahezu überall in den wunderschönen Bergen des Balkans. Wilde Mülldeponien. Unzählige. Sicherlich fehlt es den Kommunen vielerorts an Geld aber vielmehr, so mein Eindruck, fehlt es am Umweltbewusstsein.
Ich las, dass es allein in Bosnien schätzungsweise zirka 10.000 größere und kleinere wilde Deponien gibt und nur fünf legale, die alle Umweltstandards erfüllen. Überhaupt werden dort nur drei Prozent des Mülls recycelt. Ähnlich ist es auch in anderen Balkan-Ländern. Die Antwort auf die Frage, warum so viel Plastikmüll entsteht, kann man schon im Supermarkt finden. Ich war überrascht, dass es teilweise keinerlei Pfand auf Plastikflaschen und Dosen gibt. Oft gibt es diesen nur auf Glasbierflaschen.
Gott sei dank weisen hier zunehmend Umweltaktivisten mit diversen Aktionen darauf hin, wie wichtig das Sammeln und Trennen von Müll und das Recycling für den Erhalt der Umwelt ist.
Zurück zur Busreise – ein zweites Mal 😉 Die Grenze nach Kroatien überquerten wir am späten Abend. „Bitte aussteigen“ so die Bitte des Busfahrers auf Anweisung des Grenzpolizisten. Hier ging es um die Ausreise aus Montenegro. Dasselbe Prozedere 500 Meter weiter bei der Einreise nach Kroatien. Diese Fahrt am Meer entlang war wunderschön, führte durch viele gemütliche Küstenstädte, vorbei an unglaublichen Buchten und Stränden und bot auf dem ganzen Weg großartige Ausblicke.
In Dubrovnik löste ich ein Anschlussticket ins 230 Kilometer entfernte Split. Die Fahrt mit dem Flixbus sollte etwa vier Stunden dauern, doch da es im August wesentlich mehr Verkehr auf den Straßen gibt und folglich auch lange Schlangen am Grenzübergang in Neum, ist diese Stundenzahl nur eine grobe Angabe. Ja, ihr habt richtig gelesen. Noch ein Grenzübergang. Um von Dubrovnik nach Split zu gelangen, muss man Bosnien-Herzegowina durchqueren. Zwei Teile Kroatiens sind durch die bosnische Riviera in Neum getrennt. Es ist ein fast 10 Kilometer langer Küstenabschnitt. So musste ich erneut zwei Grenzkontrollen passieren. Eine, um aus Kroatien herauszukommen, und eine, um wieder nach Kroatien zu gelangen: Klek und Zaton Doli. Nachdem auch diese nächtliche Prozedur geschafft war, hoffte ich nun auf etwas Schlaf im vollbesetzten Bus. Es empfiehlt sich, stets eine Jacke dabei zu haben, um den durch die Klimaanlage verursachten kühlen Temperaturen im Bus zu trotzen. Leider hatte ich diese im großen Reisegepäck gelassen. Selbst schuld. Aber schlafen konnte ich sowieso nicht. Denn zirka 4 Uhr morgens hielt unser Bus und deren beiden Fahrer, einer von ihnen stets stofflig und grimmig dreinschauend, an einer Raststätte. Ohne Nachfrage hätten wir nicht erfahren, dass der Bus, ein deutsches Fabrikat, ein Problem mit der Bremse hatte und ein Weiterfahren dadurch unmöglich war. Eine Stunde dauerte es, bevor uns ein neuer Bus nach Split brachte. Das dritte Ticket lösend, machte ich mich auf den Weg nach Zadar, um von dort mit dem vierten und letzten Ticket nach Pag zu reisen. Das ist eine kroatische Insel in der Adria, bekannt für ihre karge und mondartige Landschaft. Was verschlug mich nun an diesen sehr touristisch geprägten Ort? Warum war ich eigentlich hier? Zugegeben, diese lange Busreise von Plav nach Pag war keineswegs von langer Hand geplant. Ihr erinnert euch sicherlich an das viel zu schwere Gepäck, welches ich seit Beginn meiner Weltreise mit mir herumschleppe. In den letzten Tagen machte ich mir oft Gedanken darüber, wie ich mich von dem einen oder anderen schwerwiegenden Ballast befreien könnte, ohne es irgendwo im Nirgendwo zu verschenken, geschweige denn wegzuschmeißen.
Als ich hörte, dass Freunde aus der Thüringer Heimat an der kroatischen Adria einen ruhigen und erholsamen Urlaub verbringen, kam mir der Gedanke, sie zu besuchen und gleichzeitig um den Gefallen zu bitten, diesen „Ballast“ mitzunehmen und meiner Familie auszuhändigen.
Mittlerweile sind seit der abenteuerlichen und langen Busfahrt vier Tage vergangen. Ich habe vorübergehend einen Schlafplatz im Apartment meiner Freunde im schönen und kleinen Örtchen Povljana gefunden. Das Wiedersehen war herzlich und die bisher gemeinsam verbrachte Zeit wundervoll. Zudem konnte ich mein Reisegepäck waschen, ordnen und aussortieren. Der große Rucksack hat nun ein angenehmes Gewicht. Im Vergleich zu vorher ist das Tragen nun ein wahres Vergnügen. Ich habe entschieden, mich von meinen Camping- und Trekkingsachen zu trennen. Schlafsack, Zelt, Isomatte, Campinggeschirr, ein paar Klamotten und andere Kleinigkeiten werden dankenswerterweise durch meine Griesheimer Freunde Andrea, Daniel und Lenny mit nach Deutschland genommen. In Nepal, beim nächsten Trekkingabenteuer, werde ich mir die dafür benötigten Utensilien ausleihen. Das wird mich sicherlich ein paar Euro mehr kosten, doch der dafür gewonnene Reisekomfort ist mir das auf jeden Fall wert.
Nun noch ein paar Worte zur Insel Pag, die momentan mein Zuhause darstellt. Hier kommen alle Urlaubstypen auf ihre Kosten. Sie genießt unter anderem den Ruf als „heißeste“ Partyinsel. Nächte lang zu feiern und dabei Gleichgesinnte aus aller Welt zu treffen, dafür reist man aus allen Ländern der Erde zum weltbekannten Partystrand Zrce nahe Novalja. Sicherlich könnt ihr euch denken, dass mir dieser Ort weder bekannt noch einen Besuch wert war.
Ich finde eher an Pags faszinierender Kulturlandschaft Gefallen. Beispielsweise an den uralten Olivenhainen. Gestern besichtigte ich mit meinen Freunden den Olivengarten in Lun. Die Fläche von 24 Hektar wilder Olivenbäume ist einzigartig an der Adria, zählt zu den drei größten auf der der Welt und hat daher eine große botanische Bedeutung. Das Alter des dort ältesten Olivenbaums wurde von Experten auf 2000 Jahre geschätzt.
Bei einer kleinen aber schweißtreibenden Fahrradtour traf ich hier meist auf karge Naturlandschaften, die wiederum einsame und wilde Schönheit demonstrieren. Wie ein ausgeblichenes Gerippe ziehen sich die Linie um Linie langgezogenen Steintrockenmauern über die karstigen Inselfelder bis hinab zum Meer. Letzteres liefert den Einwohnern übrigens ihr Salz und das hier beheimatete autochthone Schaf (das heißt wirklich so) versorgt die Menschen mit Milch, aus welcher der für Pag bekannte Paški Sir Käse hergestellt wird.
Ansonsten kann man hier bestens Sonne tanken, das mediterrane Klima und das glasklare Meerwasser genießen. Und genau das tue ich momentan, jedoch ohne zu versäumen über die nächsten Etappen meiner Weltreise nachzudenken.
Dieser Beitrag hat 4 Kommentare
Hallo Henry, wieder mit viel Interesse habe ich die neusten Erlebnisse deiner Reise gelesen. Ja, was alles so passieren kann und dabei braucht man viel Zeit und Gelassenheit.
Ich hätte nicht gedacht, dass du dich von deiner Trekkingausrüstung, Zelt usw. trennst. Mutig.
Auf alle Fälle wünsche ich dir eine gute und wundervolle Weiterreise. Ich grüße dich herzlich.
Lieber Henry, schön das wir uns getroffen haben & wir an einem kleinen Teil deiner Reise dabei sein durften 😊 eine gute Weiterreise & viele interessante Begegnungen wünschen wir dir 😘 Marco, Sandy & Lotte 👨👩👦
Lieber Henry,
nachdem ich heute Abend entschieden habe, den Fernseher aus zu lassen und mir Zeit für „Henry on Worldtour“ zu nehmen, stelle ich fest, dass es genau die richtige Entscheidung war. Denn das hier zu lesen ist besser, interessanter und unterhaltsamer als jedes Fernsehprogramm!!! Ich werde wohl jetzt des Öfteren „Fernsehfasten“ betreiben und lieber diese Beiträge lesen. 😉
Ich freue mich schon darauf.
Alles Liebe und Gute weiterhin! Herzliche Grüße von Nancy, Denny, Max und Giselle
Ich hoffe, du wirst in den nächsten Monaten weiter viele Freunde aus der Heimat treffen und neue Freunde kennen lernen.
Alles Gute mein Freund!!