Am Anfang eines jeden Jahres stellen wir uns oft vor, was das kommende Jahr bringen mag. Doch Anfang Januar 2024 hatte ich nicht nur Vorsätze, sondern eine klare Vision: Ich flog nach Tansania mit der Absicht, dort zu leben – auf unbestimmte Zeit. Dieses Land sollte meine neue Heimat werden.
Es war ein mutiger Schritt, aber auch ein wohlüberlegter. Nach der Gründung meiner Organisation Karibuni Watu im September 2023 wollte ich ihr Wachstum vor Ort begleiten, Projekte entwickeln und sehen, wie sich mein Leben dort gestalten würde. Voller Zuversicht nahm ich das kleine Risiko in Kauf, denn ich wusste, dass Anfangszeiten nie leicht sind. Doch ich war optimistisch und bereit, die Herausforderung anzunehmen.
Erste Schritte in Moshi
In den ersten Monaten lebte ich in Moshi, in einem Hostel eines Freundes, der mich dankenswerterweise aufnahm. Diese Stadt und auch das Land waren mir nicht fremd – ich hatte bereits 2023 während meiner Weltreise fünf Monate hier verbracht. Auch meine langjährigen Freunde wie Thomas und Heike Becker aus Arnstadt, die schon seit über zehn Jahren in Tansania leben, sowie andere Bekannte aus Deutschland und Tansania gaben mir einen Halt, der mir den Neustart erleichterte.
Mit im Gepäck hatte ich Spenden für Karibuni Watu, die ich durch Vorträge in Deutschland gesammelt hatte. Diese Mittel ermöglichten mir, erste Projekte anzustoßen: die Unterstützung der Fußballmannschaft South Boma FC in Boma Ng’ombe sowie die Kooperation mit der Wondo Primary School in Materuni.
Ein Jahr voller Entwicklungen
Schon Ende Januar besuchte ich die Moskisa Football Academy in Moshi. Was zunächst als einmaliger Besuch begann, entwickelte sich zu einem Herzensprojekt. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen dort zeigte mir, welche Chancen in der Verbindung von Sport, Bildung und Fürsorge liegen. Seit meinem ersten Treffen mit der Moskisa Football Academy bin ich regelmäßig dort, meist zwei- bis dreimal die Woche. Ich unterrichte die Jungs in Deutsch und leite ihre Trainingseinheiten, was mir unglaublich viel Freude bereitet. Über die Zeit hat sich ein enges Vertrauensverhältnis entwickelt, und ich bin für viele von ihnen zu einer wichtigen Bezugsperson geworden – fast wie ein Teil ihrer Familie. Die Arbeit mit diesen talentierten und motivierten Kindern und Jugendlichen ist für mich nicht nur eine Aufgabe, sondern eine Herzensangelegenheit, die mich inspiriert und erfüllt.
Natürlich war in den vergangen Monaten nicht immer alles einfach. Die Zusammenarbeit mit Handwerkern verlangte Geduld und Verhandlungsgeschick. Preise wurden oft höher angesetzt, wenn man mich als “Mzungu” – einen Weißen – erkannte. Es brauchte Zeit, den Menschen zu erklären, dass die Mittel, die ich verwalte, aus Spenden stammen und für die Gemeinschaft gedacht sind. Auch die Sprachbarriere war eine Herausforderung. Zwar spreche ich fließend Englisch, doch das Leben in Tansania verlangt oft Suaheli, eine Sprache, die ich weiterhin lerne.
Ein anderes Leben
Das Leben hier ist anders als in Deutschland. Zeit spielt eine geringere Rolle, und Pünktlichkeit hat oft einen anderen Stellenwert. Während ich anfangs ungeduldig war, habe ich inzwischen gelernt flexibler zu sein und die Dinge gelassener zu nehmen. Zugegebenermaßen fällt es mir manchmal immer noch schwer. Was dieses Jahr besonders gemacht hat, ist die Dankbarkeit der Menschen. Egal ob ein Rat, ein Fußballtraining oder einfach nur ein offenes Ohr – kleine Gesten haben hier eine große Wirkung. Diese Dankbarkeit ist es, die mir immer wieder neue Kraft gibt.
Neue Bindungen und Herausforderungen
Ein Höhepunkt des Jahres war die Beziehung, die ich zu zwei Jungen aus der Moskisa Football Academy aufgebaut habe. James und Dennis. Beide haben mich in ihr Herz geschlossen und nennen mich nun ihren „Papa“. Es ist eine besondere Bindung, die sich auch durch die schwierigen Umstände ihrer Familien entwickelt hat. Ihre Zuneigung berührt mich tief, und ich betrachte sie wie meine eigenen Söhne.

At first glance it might seem like a ‚we don’t know‘ moment, but the truth is we know exactly who we are and what we have in common. James and Dennis, my two internally adopted sons, mean a lot to me. Our bond is more than just a choice – it’s a promise of cohesion, trust and support. We are not an ordinary family, but we are one that is deeply connected at heart.
Doch das Jahr brachte auch Herausforderungen. Die Bürokratie, besonders im Hinblick auf mein Langzeit-Visum, erwies sich als schwierig. Seit Monaten warte ich auf die Genehmigung und musste mich bisher mit kurzfristigen Lösungen arrangieren. Auch die finanzielle Absicherung meines Lebensunterhalts erforderte Kreativität und Durchhaltevermögen und tut es immer noch.
Ein Jahr der Dankbarkeit
Trotz der Schwierigkeiten, sie sind tatsächlich kaum erwähnenswert, blicke ich mit großer Dankbarkeit auf dieses Jahr zurück. Ich habe Freundschaften vertieft, neue Perspektiven gewonnen und Projekte ins Leben gerufen, die anderen Menschen Hoffnung geben.
Ob ich es bereut habe, im Sommer 2022 Deutschland zu verlassen, auf Weltreise zu gehen und ein neues Leben zu beginnen? Absolut nicht. Diese Entscheidung habe ich nie bereut – keine einzige Sekunde. Durch diesen Schritt haben sich für mich Türen zu einer völlig neuen Welt geöffnet. Ich habe wunderbare Erlebnisse gehabt, großartige Menschen getroffen und Freundschaften auf der ganzen Welt geschlossen. Besonders hier in Tansania habe ich viel Freundschaft und Liebe erfahren. Natürlich habe ich jetzt nicht mehr den sicheren, gut bezahlten Job, die gut ausgestattete Wohnung, das schnelle Auto oder die Rundum-Versicherungen, die viele als Inbegriff von Sicherheit sehen. Aber all das vermisse ich nicht. Ich weiß, dass ich jede Herausforderung, die das Leben bringt, meistern kann, weil ich Menschen an meiner Seite habe, die mich unterstützen und weil ich Vertrauen in mich selbst habe. Diese Entscheidung hat mir eine neue Perspektive und ein erfüllteres Leben geschenkt, und ich möchte keinen Moment davon missen. Es war und bleibt die beste Entscheidung meines Lebens.
Natürlich vermisse ich manchmal meine Familie und Freunde, den schönen Thüringer Wald sowie die vertraute Atmosphäre oder das leckere Essen in Deutschland. Mein Heimaturlaub im Herbst diesen Jahres hat mir gezeigt, wie wichtig diese Wurzeln sind. Doch mit jedem Tag, den ich hier verbringe, wird Tansania mehr und mehr zu meinem Zuhause.
Oft werde ich gefragt, wie lange ich in Tansania bleiben werde. Meine Antwort darauf ist immer dieselbe: Das weiß ich nicht. Das Leben hält viele Überraschungen bereit, und niemand kann die Zukunft genau planen. Aktuell fühle ich mich hier sehr wohl. Ich habe Freunde und sogar Familie gefunden, und die Projekte, die wir hier aufgebaut haben, brauchen mich – ebenso wie Zeit und Geduld, um nachhaltig gestaltet zu werden. Natürlich hängt vieles von der Langzeitperspektive meines Visums ab, aber auch von anderen Faktoren, die das Leben manchmal unverhofft mit sich bringt. Dennoch habe ich nicht vor, in den nächsten Wochen oder Monaten auszureisen und Tansania für immer zu verlassen. Die Ziele, die wir uns gesetzt haben, und die großen Projekte, die wir planen, erfordern meinen Einsatz. Ich möchte hier noch lange tätig sein und Gutes tun, auch wenn ich letztlich keine absolute Sicherheit über die Dauer meines Aufenthalts geben kann. Die Welt ist groß und voller Möglichkeiten, neue Menschen und Kulturen kennenzulernen. Doch hier in Tansania gibt es noch so viel zu tun – und genau das gibt mir einen klaren Fokus.
Wenn ich auf 2024 zurückblicke, sehe ich ein Jahr voller Wachstum, Wandel und tiefer menschlicher Begegnungen. Und ich freue mich auf alles, was das kommende Jahr bringen wird.










A selection of beautiful moments from 2024. Of course, there were many more.
English translation
A year in Tanzania – a look back
At the beginning of every year, we often imagine what the coming year might bring. But at the beginning of January 2024, I didn’t just have resolutions, I had a clear vision: I flew to Tanzania with the intention of living there – indefinitely. This country was to become my new home.
It was a bold step, but also a well-considered one. After founding my organisation Karibuni Watu in September 2023, I wanted to accompany its growth on the ground, develop projects and see what my life would be like there. Full of confidence, I accepted the small risk because I knew that starting out is never easy. But I was optimistic and ready to take on the challenge.
First steps in Moshi
For the first few weeks, I lived in Moshi, in a hostel run by a friend who generously took me in. I was no stranger to this city or the country – I had already spent five months here during my trip around the world in 2023. My longstanding friends Thomas and Heike Becker from Arnstadt, who have been living in Tanzania for over ten years, and other acquaintances from Germany and Tanzania also gave me a foothold that made my new start easier.
In my luggage I had donations for Karibuni Watu, which I had collected through lectures in Germany. These funds enabled me to initiate my first projects: support for the South Boma FC football team in Boma Ng’ombe and cooperation with Wondo Primary School in Materuni.
A year full of developments
I visited the Moskisa Football Academy in Moshi at the end of January. What began as a one-off visit developed into a project close to my heart. The work with children and young people there showed me the opportunities that lie in combining sport, education and care. Since my first meeting with the Moskisa Football Academy, I have been there regularly, usually two or three times a week. I teach the boys German and lead their training sessions, which I find incredibly enjoyable. Over time, a close relationship of trust has developed and I have become an important reference person for many of them – almost like part of their family. Working with these talented and motivated children and young people is not just a job for me, but a matter close to my heart that inspires and fulfils me.
Of course, things have not always been easy over the past few months. Working with craftsmen required patience and negotiating skills. Prices were often set higher if I was recognised as „Mzungu“ – a white person. It took time to explain to people that the funds I manage come from donations and are intended for the community. The language barrier was also a challenge. Although I speak English fluently, life in Tanzania often requires Swahili, a language I continue to learn.
A different life
Life here is different to life in Germany. Time plays less of a role and punctuality often has a different significance. While I was impatient at first, I have now learnt to be more flexible and take things more calmly. Admittedly, I still find it difficult sometimes.
What has made this year special is the gratitude of people. Whether it’s advice, a football training session or simply a sympathetic ear – small gestures have a big impact here. It is this gratitude that always gives me new strength.
New relationships and challenges
One of the highlights of the year was the relationship I developed with two boys from the Moskisa Football Academy. James and Dennis. Both of them have taken me into their hearts and now call me their „dad“. It’s a special bond that has developed through the difficult circumstances of their families. Their affection touches me deeply and I regard them as my own sons.

But the year also brought challenges. The bureaucracy, especially with regard to my long-term visa, proved difficult. I have been waiting months for approval and have had to come to terms with short-term solutions. Securing my livelihood financially also required creativity and perseverance and still does.
A year of gratitude
Despite the difficulties – in fact, they are not really worth talking about – I look back on this year with great gratitude. I have deepened friendships, gained new perspectives and launched projects that give other people hope.
Did I regret leaving Germany in summer 2022, travelling the world and starting a new life? Absolutely not. I have never regretted this decision – not for a single second. This step opened doors to a whole new world for me. I have had wonderful experiences, met great people and made friends all over the world. Especially here in Tanzania, I have experienced a lot of friendship and love. Of course, I no longer have the secure, well-paid job, the well-equipped flat, the fast car or the all-round insurance that many see as the epitome of security. But I don’t miss any of that. I know that I can overcome any challenge that life throws at me because I have people by my side who support me and because I have confidence in myself. This decision has given me a new perspective and a more fulfilling life, and I wouldn’t want to miss a moment of it. It was and remains the best decision of my life.
Of course, I sometimes miss my family and friends, the beautiful Thuringian Forest, the cosy atmosphere and the delicious food in Germany. My trip home this autumn showed me how important these roots are. But with every day I spend here, Tanzania becomes more and more my home.
I am often asked how long I will stay in Tanzania. My answer is always the same: I don’t know. Life has many surprises in store and nobody can plan the future exactly. At the moment, I feel very much at home here. I’ve found friends and even family, and the projects we’ve set up here need me – as well as time and patience to make them sustainable. Of course, a lot depends on the long-term prospects of my visa, but also on other factors that life sometimes unexpectedly brings with it. Nevertheless, I have no plans to leave Tanzania for long in the next few weeks or months. The goals we have set ourselves and the major projects we are planning require my commitment. I want to continue working here and doing good for a long time to come, even if I can’t give any absolute certainty about the duration of my stay. The world is big and full of opportunities to get to know new people and cultures. But there is still so much to do here in Tanzania – and that gives me a clear focus.
When I look back on 2024, I see a year full of growth, change and deep human encounters. And I look forward to everything that the coming year will bring.
Dieser Beitrag hat 8 Kommentare
Hallo Henry,
Ich bin absolut begeistert von deiner Zusammenfassung des letzten Jahres. Mit welchem Mut und Enthusiasmus du an deine neuen Aufgaben herangehst und diese meisterst, kann man nur bewundern.
Schade, dass ich zu deinen Vorträgen wegen meines Urlaubs nicht dabei sein konnte, aber vielleicht klappt es beim nächsten Mal.
Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und viel Glück im neuen Jahr.
Vielen Dank für deine schönen Worte, lieber Jens. Ich hoffe, dass wir uns dann nächstes Jahr zu einem meiner Vorträge sehen. Ich wünsche dir und deiner Frau alles Gute, Glück und Gesundheit für das neue Jahr.
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