Das Interview erschien am 23. September 2023 in „Freies Wort“ (Ausgabe – Ilm-Kreis). Das Gespräch führte Evelyn Franke.
Mehr als ein Jahr war Henry Buchberger aus Griesheim auf Weltreise, hat verschiedene Länder auf verschiedenen Kontinenten bereist. Im Interview berichtet er von seinen Erfahrungen – und warum sein Aufenthalt in Deutschland nur temporär ist.
ILMENAU. Mit seinen 18-Kilo-Gepäck und einem Fußball machte sich Henry Buchberger vergangenes Jahr auf in ein neues Leben. Seine Arbeit als Lehrer hatte er gekündigt, fortan wollte er die Welt bereisen und sich in Afrika oder Asien niederlassen. Nun ist er in den Ilm-Kreis zurückgekehrt, mit allerlei Erlebnissen und Erinnerungen im Gepäck. Sein Fernweh ist aber noch nicht gestillt, bald will er wieder seine sieben Sachen packen. Bis dahin hat er aber auch hier noch etwas vor.
Henry, 375 Tagen in 19 Ländern liegen hinter Ihnen. Wie fühlt es sich an, wieder in der Heimat zu sein?
Nach über einem Jahr wieder in der Heimat zu sein, ist durchaus schön. Ich konnte meine Familie in die Arme schließen, gute Freunde treffen und im schönen Thüringer Wald mal wieder eine Runde joggen. Solche und andere lieb gewonnenen Gewohnheiten hatte ich gelegentlich vermisst, auch wenn Heimweh oder das Sich-einsam-Fühlen nie aufkamen. Es ist ein seltsames Gefühl, zurück zu sein, zumal ich jetzt Freunde in vielen Ländern habe und einige von ihnen vermisse. Die große, weite und schöne Welt war in den vergangenen Monaten mein Zuhause und zurück in der Heimat wirkt vieles doch sehr klein und begrenzt. Ich würde auch behaupten wollen, dass meine Seele noch immer irgendwo auf Reisen ist und folglich noch etwas länger braucht, um anzukommen.
Welcher Ort Ihrer Reise ist Ihnen am intensivsten in Erinnerung geblieben und weshalb?
Auf diese Frage eine kurze und einfache Antwort zu geben, ist nicht leicht und wahrscheinlich auch nicht möglich. Denn nahezu jeder Ort ist auf seine eigene Art und Weise besonders. Am intensivsten in Erinnerung geblieben sind mir natürlich jene Orte, an denen ich wunderbare Menschen traf. Menschen, mit denen ich, obwohl sie mir fremd waren, erzählte, als würde ich sie schon länger kennen. Menschen, mit denen ich gemeinsam ein paar Stunden oder Tage verbrachte. Menschen, die zu Freunden wurden. Deshalb stehen auf der Liste jener Orte auf jeden Fall Nepal, Kambodscha, Tansania und Bali in Indonesien ganz oben.
Was unterscheidet das Leben in den anderen Ländern im Vergleich zu Deutschland?
Allgemeingültige Antworten kann ich darauf nicht geben, aber vielleicht mit ein paar Beispielen etwas verdeutlichen. In vielen Ländern, die ich besuchte, wirkte das Leben entschleunigter. Oft traf ich auf eine ganz andere Zeitvorstellung als in Deutschland, wo es Zeitpläne gibt und Pünktlichkeit großgeschrieben wird. Nehmen wir Tansania. Die Menschen dort strahlen eine bemerkenswerte Ruhe und Gelassenheit aus, die manchen von uns gewiss auch gut tun würden. Am Straßenrand sah ich oft Menschen, die vor ihren Häusern saßen und ihre Umgebung beobachteten oder sich unterhielten. Sie nahmen sich Zeit, während wir Deutschen oft auf die Uhr schauen. In Asien und Afrika waren die Menschen besonders kontaktfreudig, offen, hilfsbereit und gastfreundlich. Auch wenn sie oft selber nicht viel hatten, vermittelten sie mir ein Gefühl der Dankbarkeit und Zufriedenheit. Das nehme ich in Deutschland seltener wahr.
Haben sich Ihre Erwartungen beziehungsweise Wünsche, die sich mit Ihrer Reise verknüpften, erfüllt?
Da ich keine speziellen Erwartungen an meine Weltreise hatte, konnten jene auch nicht enttäuscht werden. Ich hatte mir lediglich vorgenommen, ein paar Monate unterwegs zu sein, dabei auf jeden Fall Indien und Nepal zu bereisen und irgendwann in Afrika anzukommen. Aus den paar Monaten wurden etwas mehr als zwölf. Neben Indien und Nepal bereiste ich noch 17 weitere Länder und lebte schließlich für etwa fünf Monate in Afrika. Diese Weltreise hat alles übertroffen, was ich mir jemals hätte ausmalen können. Ich bin zutiefst dankbar dafür, dass ich so viele schöne Länder gesehen, interessante Kulturen kennengelernt und großartige Menschen getroffen habe.
Hat Sie selbst die Reise verändert?
Reisen heißt ja auch, eine Reise zu sich selbst zu unternehmen. Deshalb ja, diese Reise hat mich verändert, natürlich nicht grundlegend, aber doch in bestimmten Bereichen. Dinge, die für mich vorher noch selbstverständlich waren, sind es nicht mehr. Ich bin viel dankbarer für die kleinen Dinge des Lebens und komme gut mit wenig Besitz und Geld zurecht. Ich habe gelernt, mir mehr Zeit für mich, schöne Momente und liebe Menschen zu nehmen. Ich habe mich den Orten und Menschen mit offenen Augen und einem weiten Herzen hingegeben und sie gaben mir so unglaublich viel zurück. Und wo immer ich war, wurden Orte und Menschen irgendwie ein Teil von mir.
Ihre Rückkehr nach Thüringen ist ja nicht wirklich eine, oder?
Ich betrachte meine Zeit hier in Thüringen und Deutschland lediglich als Urlaub oder Zwischenstation. Ich nutze sie, um Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen und um ein paar Dinge, die das spätere Berufsleben betreffen, in die Wege zu leiten. Fest steht, dass ich definitiv wieder meine sieben Sachen packen und weiterziehen werde. Nur das wann und wohin steht noch nicht ganz fest.
Wie geht’s für Sie jetzt weiter?
Ich halte in den kommenden Wochen ein paar Vorträge über meine Weltreise, denn das Interesse der Menschen an meinem Abenteuer ist groß. Dabei nehme ich keinen Eintritt, sondern bitte um Spenden für meinen vor wenigen Tagen gegründeten und gemeinnützigen Verein namens „Karibuni Watu“. Ziel dessen ist es, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen Nationen zu fördern und den Menschen, besonders Kindern und Jugendlichen, durch Bildung und individuelle Förderung sowie Unterstützung die Chance auf ein besseres und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Zurzeit stehe ich noch in Kontakt mit einer christlichen Hilfsorganisation, die weltweit Fachkräfte in die Entwicklungszusammenarbeit entsendet. Das ist eine Option, doch ob sich daraus eine Anstellung ergibt, ist noch offen. Natürlich habe ich, meine Zukunft betreffend, auch noch andere Ideen und Pläne. Es bleibt also spannend (er schmunzelt).
Interview in English
„My soul is still travelling“
Henry Buchberger from Griesheim spent more than a year travelling the world, visiting different countries on different continents. In an interview, he talks about his experiences – and why his stay in Germany is only temporary.
ILMENAU With his 18-kilo luggage and a football, Henry Buchberger set off for a new life last year. He had quit his job as a teacher, from then on he wanted to travel the world and settle in Africa or Asia. Now he has returned to the Ilm district with all kinds of experiences and memories in his luggage. But his wanderlust is not yet satisfied, and soon he will pack his bags again. Until then, however, he still has some plans here.
Henry, 375 days in 19 countries are behind you. How does it feel to be back home?
It’s nice to be back home after more than a year. I was able to hug my family, meet good friends and go for a jog in the beautiful Thuringian Forest. I had missed these and other cherished habits from time to time, even if homesickness or feeling lonely never came up. It is a strange feeling to be back, especially as I now have friends in many countries and miss some of them. The big, wide and beautiful world has been my home for the past few months and back home many things seem very small and limited. I would also like to say that my soul is still travelling somewhere and consequently needs a little longer to arrive.
Which place on your journey do you remember most intensely and why?
To give a short and simple answer to this question is not easy and probably not possible. Because almost every place is special in its own way. Of course, the places I remember most intensely are those where I met wonderful people. People with whom, although they were strangers to me, I talked as if I had known them for a long time. People with whom I spent a few hours or days together. People who became friends. That’s why Nepal, Cambodia, Tanzania and Bali in Indonesia are definitely at the top of the list of those places.
What is different about life in the other countries compared to Germany?
I can’t give general answers to that, but perhaps I can clarify a bit with a few examples. In many of the countries I visited, life seemed slower. Often I encountered a completely different idea of time than in Germany, where there are time schedules and punctuality is writ large. Take Tanzania. The people there radiate a remarkable calm and serenity that would certainly do some of us good. At the roadside, I often saw people sitting in front of their houses, observing their surroundings or chatting. They took their time, while we Germans often look at our watches. In Asia and Africa, people were particularly sociable, open, helpful and hospitable. Even though they often didn’t have much themselves, they gave me a feeling of gratitude and contentment. I notice that less often in Germany.
Did your expectations or wishes associated with your trip come true?
Since I didn’t have any specific expectations of my world trip, they couldn’t be disappointed. I had only planned to be on the road for a few months, to visit India and Nepal in any case and to arrive in Africa at some point. The few months turned into a little more than twelve. Besides India and Nepal, I travelled to 17 other countries and finally lived in Africa for about five months. This world trip has surpassed anything I could have ever imagined. I am deeply grateful for seeing so many beautiful countries, getting to know interesting cultures and meeting great people.
Has the journey itself changed you?
Travelling also means taking a journey to yourself. So yes, this trip has changed me, not fundamentally of course, but in certain areas. Things that I took for granted before are no longer so. I am much more grateful for the little things in life and manage well with few possessions and money. I have learned to take more time for myself, beautiful moments and dear people. I gave myself to places and people with open eyes and a wide heart and they gave me back so incredibly much. And wherever I went, places and people somehow became a part of me.
Your return to Thuringia is not really one, is it?
I consider my time here in Thuringia and Germany merely a holiday or a stopover. I’m using it to spend time with my family and friends and to get a few things going regarding my future professional life. One thing is certain: I will definitely pack my seven things again and move on. Only the when and where is not quite clear yet.
What’s next for you now?
In the coming weeks, I’ll be giving a few talks about my world trip, because people are very interested in my adventure. I don’t charge admission, but ask for donations for my non-profit association called „Karibuni Watu“, which I founded a few days ago. Its aim is to promote the development of friendly relations between nations and to give people, especially children and young people, the chance of a better and self-determined life through education and individual support. At the moment, I am still in contact with a Christian aid organisation that sends specialists worldwide for development cooperation. That is an option, but whether it will result in a job is still open. Of course, I also have other ideas and plans for my future. So it remains exciting (he smiles).
Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
I’ve learnt a lot from you..I am impressed by your interview and am glad that Tanzania 🇹🇿 Is among the places you do remember..your warmly welcome again and again ❤️
Lieber Henry,
Danke nochmal für den tollen Abend in Ichtershausen. Kannst du mir vielleicht eine Bankverbindung schicken, so dass ich in unserem Amtsblatt vom Vortrag berichten kann und um Spenden bitten bzw. werben kann. Liebe Grüße aus Thüringen Ramona Schmidt (Assistentin von Sebastian Schiffer)